Informationsdienst Wissenschaft (idw), 27.02.2002 

Suche nach Diabetes-Genen bei Geschwistern aus Sachsen

Der Diabetes vom Typ 2 hat auch genetische Ursachen. Doch die sind bei zuckerkranken Mexikanern anders als bei Finnen und bei diesen wieder anders als bei Amerikanern aus Utah. Vor diesem Hintergrund wollen Wissenschaftler von der Universität Würzburg die Diabetes-Gene bei einer deutschen Bevölkerungsgruppe identifizieren: Sie fahnden derzeit in den DNA-Proben von 400 Geschwisterpaaren aus Sachsen.

Beim Diabetes führen komplexe Stoffwechselstörungen zu einem chronisch erhöhten Blutzuckerspiegel, der wiederum typische Spätschäden an Augen, Nieren, Nerven, Herz und am Blutgefäßsystem verursacht. Der Typ-2-Diabetes stellt die häufigste Form der Zuckerkrankheit dar: In Deutschland sind vier bis fünf Prozent der Bevölkerung betroffen, weltweit gibt es 100 Millionen Erkrankte.

Bei der Entstehung eines Typ-2-Diabetes spielen genetische Faktoren eine Rolle, denn die Krankheit tritt beispielsweise oft gehäuft in Familien oder gleichzeitig bei eineiigen Zwillingen auf. Hinzu kommen andere Einflüsse, wie eine falsche Ernährung oder Übergewicht.

"Bei der Identifizierung von Genen für den klassischen Typ-2-Diabetes wurden bislang nur sehr geringe Fortschritte gemacht", sagt Dr. Tom Lindner von der Medizinischen Klinik der Universität Würzburg. "Klar ist, dass ein einzelner genetischer Faktor kaum in der Lage wäre, den Diabetes auszulösen. Das geschieht nur im Zusammenspiel mit weiteren Faktoren." Diese würden letzten Endes bestimmen, in welchem Ausmaß Umwelteinflüsse wie Übergewicht oder Stress die Aufrechterhaltung eines konstanten Blutzuckerspiegels beeinträchtigen können.

Dieses Gedankengerüst würde zum Beispiel erklären, warum sich der Diabetes in den so genannten Wohlstandsländern mit ihren vielen chronisch übergewichtigen Menschen häuft, während er in ärmeren Staaten oder in Kriegszeiten viel seltener vorkommt. Es würde zudem erklären, warum sich für den Typ-2-Diabetes kein klassisches Vererbungsmodell bestimmen lässt, da einfach zu viele kleine Geneffekte bei der Krankheitsentwicklung mitmischen.

1996 erbrachte eine erste, das gesamte Erbgut einbeziehende Untersuchung von 346 mexikanischen Geschwisterpaaren, dass deren Diabetes-Erkrankung hoch signifikant an eine Region auf Chromosom 2 gekoppelt war. In der Folgezeit wurden auch bei anderen genetisch relativ einheitlichen Bevölkerungsgruppen Diabetesregionen im Erbgut lokalisiert, zum Beispiel bei einer schwedisch sprechenden Population an der Westküste Finnlands, bei den Pima-Indianern im Südwesten der USA und bei Amerikanern europäischen Ursprungs aus dem Bundesstaat Utah.

Allerdings wurden dabei immer andere Diabetesregionen gefunden, so dass es möglicherweise bei verschiedenen Populationen auch verschiedene Genkombinationen sind, welche die Entstehung des Typ-2-Diabetes beeinflussen. So konnten die bei den Mexikanern gewonnenen Ergebnisse weder bei deutschen noch bei japanischen Geschwisterpaaren gefunden werden.

Dr. Lindner: "Um der Diabetesentstehung von mehreren Seiten nahe zu kommen, ist eine separate Studie in einer deutschen Population erforderlich." Entsprechende Studien laufen zurzeit auch in England, Frankreich, Schweden und Finnland. In Deutschland gebe es außer dem Würzburger Projekt keine vergleichbaren Vorhaben.

Die DNA-Proben der 400 Geschwisterpaare aus Sachsen sind bereits gesammelt und werden derzeit von Dr. Lindner im Rahmen einer DFG-Forschergruppe untersucht. Wenn die genetischen Vererbungsmechanismen des Typ-2-Diabetes einmal bekannt sein sollten, dann könnten Risikopatienten ermittelt und mit neu entwickelten Therapien - auch vorbeugend - behandelt werden.

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert die Forschergruppe "Genetische Epidemiologie und Medizinische Genetik komplexer Erkrankungen" seit 2001. Sprecher der Gruppe ist Prof. Dr. Max Peter Baur von der Universität Bonn.

Weitere Informationen:
Dr. Tom Lindner, T (0931) 201-5331 (Sekretariat), Fax (0931) 201-3502,
E-Mail: tom.lindner@mail.uni-wuerzburg.de


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