Diabetes und BehindertenrechtRechte und Risiken |
Rechte und Risiken | Steuerermäßigung |
Anerkennung als Schwerbehinderter | Kinder und Jugendliche |
Wie setze ich mich durch? | Erfahrungen und Tips |
Gleichstellung mit einem Schwerbehinderten |
Rechte und Risiken„Soll ich angesichts der sich immer weiter verschärfenden Lage auf dem Arbeitsmarkt und unter Berücksichtigung der Planung meines Arbeitslebens die Anerkennung als Schwerbehinderter anstreben?" Diese Frage stellen sich im zunehmenden Umfang besonders jüngere Menschen und Eltern von Kindern mit Diabetes. Das Schwerbehindertengesetz (SchwbG) verkündet zwar stolz, ein „Gesetz zur Sicherung und Eingliederung Schwerbehinderter in Arbeit, Beruf und Gesellschaft" zu sein, in Wirklichkeit aber steigt von Jahr zu Jahr die Zahl der arbeitslosen Schwerbehinderten. Dabei handelt es sich nicht selten um Folgen versteckter und unrechtmäßiger Diskriminierung. Es kann aber auch sein, daß Schwerbehinderte sich durch demonstratives Herausstellen ihrer Behinderung auch an unpassenden oder unnötigen Stellen selbst ins „Aus" bringen. Weiter kann die Anerkennung einer Schwerbehinderung, die in einem Einstellungsfragebogen angegeben werden muß, ein deutliches Einstellungshemmnis für Firmen sein, die unter enormem Leistungsdruck stehen und eine mangelnde Belastbarkeit des Schwerbehinderten unterstellen. Der Umgang mit dem Schwerbehindertengesetz aus der Sicht der Diabetiker gilt nicht zuletzt deshalb als schwierig, weil er von Person zu Person unterschiedliche Wirkungen und auch unerwünschte Bumerangeffekte haben kann. Also: Wegen kurzfristiger materieller „Vorteile" sollten Sie heutzutage nicht den Status der „Schwerbehinderung" beantragen, ohne mögliche langfristigen Folgen zu berücksichtigen. Trotzdem sollte im Einzelfall geprüft werden, ob es nicht doch günstig sein könnte, die Schutzrechte dieses Gesetzes zu beantragen, wie z. B. den Kündigungsschutz und den Zusatzurlaub für Schwerbehinderte. Aber auch für Behinderte, die entweder noch nicht oder nicht mehr im Arbeitsprozeß stehen, kann das SchwbG hilfreich sein. |
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Welcher Diabetiker kann als Schwerbehinderter anerkannt werden?Behindert sind alle, die aufgrund eines regelwidrigen körperlichen, geistigen oder seelischen Zustandes nicht nur vorübergehend in ihrer Funktionsfähigkeit beeinträchtigt sind. Schwerbehindert ist, dessen Grad der Behinderung (GdB) mindestens 50 % beträgt. Voraussetzung für eine Anerkennung als „Schwerbehinderter" ist die Antragstellung beim für den Wohnort zuständigen Versorgungsamt. Vordrucke sind z. B. beim Gemeindeamt erhältlich. Ein Duplikat (Zweitschrift) sollte der Antragsteller für sich behalten. Es ist auch empfehlenswert, die behandelnden Arzte davon in Kenntnis zu setzen, denn das Amt wendet sich geradezu regelmäßig an diese. Feststellung, wonach Diabetiker als schwerbehindert anerkannt werden, erfolgt aufgrund der „Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem SchwbG" vom Nov. 1996. Hiernach wird der Diabetes mellitus wie folgt bewertet: |
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Häufige, ausgeprägte Hypoglykämien sowie Organkomplikationen sind
ihren Auswirkungen entsprechend zusätzlich zu bewerten. |
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Auch diese „Anhaltspunkte" sind keine Rechtsnormen, an die Sozialgerichte gebunden wären, sondern lediglich verwaltungsinterne Vorschriften. Wenn mehrere Behinderungen vorliegen, hat eine Gesamtbeurteilung zu erfolgen. Dabei sind die Auswirkungen der einzelnen Behinderungen nicht zu addieren, sondern es muß die Auswirkung aller Behinderungen in der Gesamtheit festgestellt werden. Die Gesamtbeurteilung ist auch zu treffen, wenn eine neue Behinderung hinzutritt. Das kann auch der Fall sein, wenn zu bisherigen Behinderungen nunmehr durch Alterserscheinungen oder allgemeinen Verschleiß weitere Beeinträchtigungen zu verzeichnen sind. |
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Wie setze ich mich durch?Sollte das Versorgungsamt den Antrag ablehnen, muß innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses negativen Bescheides Widerspruch eingelegt werden. 1st dieser erfolglos, kann Klage beim Sozialgericht bzw. Berufung beim Landessozialgericht erhoben werden. Für diese Schritte fallen grundsätzlich keine Kosten an, es besteht auch kein Anwaltszwang. Die Erfolgsquote der Fälle, in denen der DDB helfend zur Seite stand, lag bei über 60 %. |
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Gleichstellung mit einem Schwerbehinderten nach § 2 SchwbGBehinderte mit einem GdB von weniger als 50, aber mindestens 30 % können mit Schwerbehinderten gleichgestellt werden, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz nicht erlangen oder nicht behalten können. Die Gleichstellung wird mit dem Tag des Eingangs des Antrages wirksam. Sie kann befristet werden. Der Antrag (Vordruck erhältlich) ist beim zuständigen Arbeitsamt zu stellen. Ihm ist eine Kopie des Bescheides des Versorgungsamtes über den Grad der Behinderung (weniger als 50, aber mindestens 30 %) beizufügen. Achtung! Weil die Gleichstellung auch die Rechte des Arbeitgebers berührt, muß der Antragsteller mit der Unterrichtung des Arbeitgebers durch das Arbeitsamt einverstanden sein. Gleichgestellten kann - wie Schwerbehinderten - nur mit Zustimmung der Hauptfürsorgestelle gekündigt werden. Anspruch auf Zusatzurlaub besteht nicht. |
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SteuerermäßigungWegen ungewöhnlicher Belastungen, die Diabetikern erwachsen können, werden auf Antrag jährlich Pauschbeträge gewährt. In den Stufen 1 und 2 nur, wenn die Behinderungen äußerlich erkennbar sind. |
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Pauschbeträge können auf Wunsch vorweg in die Lohnsteuerkarte eingetragen werden. Dabei nimmt man allerdings in Kauf, daß auch andere, wie z. B. die Personalabteilung, diese Daten lesen. Steuerfreibeträge können auch rückwirkend beantragt werden, wenn der Berechtigte erst später von der Möglichkeit Kenntnis erhielt. |
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Sonderbestimmung für Kinder und JugendlicheFür Kinder und Jugendliche mit Diabetes mellitus wurde eine steuerrechtliche Sonderbestimmung erwirkt. Danach kann ein jährlicher Pauschbetrag von DM 7.200,-abgesetzt werden, wenn vom Versorgungsamt „Hilflosigkeit" im Sinne des § 33 b EStG bescheinigt wurde. Diese wird stets bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres (Ausnahme bis zum 18. Lebensjahr) unterstellt. Gewertet wird hier nicht so sehr der gesundheitliche Zustand. Von besonderer Bedeutung sind z.B. die laufenden Kontrollen des Blutzuckerwertes, die Bestimmung des Insulins, die Zubereitung der Mahlzeiten sowie die Überwachung der erforderlichen Nahrungsaufnahmen und der körperlichen Betätigungen. Dadurch sollen vor allem gesundheitsschädigende hypoglykämische Schocks vermieden werden. Eltern scheuen verständlicherweise, für ihr Kind den Antrag auf „Hilflosigkeit" zu stellen, weil sie davon ausgehen, daß mit diesem Merkzeichen „H" zugleich die Feststellung der Schwerbehinderung verbunden ist. Das ist nicht zwangsläufig der Fall, denn für diese Steuerermäßigung (7.200,- DM) reicht hier bereits ein Grad der Behinderung von 25 %. |
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Noch einige Erfahrungen und Tips * Diabetiker sind im Arbeitsleben „gut drauf" und müssen keinen Vergleich mit nichtdiabetischen Kollegen scheuen. Sie weisen nicht mehr Fehlzeiten als „Gesunde" auf. Häufig zeichnen sie sich sogar durch eine höhere Leistungsmotivation oder diszipliniertere Arbeitsweise aus. * Größere Betriebe sind oftmals eher bereit, Behinderte zu beschäftigen. Das gilt besonders für den Öffentlichen Dienst. Das geschieht sowohl aus einem gesellschaftlichen Verantwortungsbewußtsein heraus als auch aus Gründen einer Reduzierung der Kosten für die Ausgleichsabgabe. * Menschen, die ihre Behinderung nicht demonstrativ herausstellen und nicht zur unpassenden Zeit auf ihre „Rechte" pochen, haben bessere Chancen, nicht nur eine angemessene Arbeitsstelle zu bekommen und zu behalten, sondern auch im Beruf voranzukommen. * Nützlich kann es sein, Flexibilität in der beruflichen Orientierung und Mobilität zu üben, statt auf einen Traumjob zu warten oder um jeden Preis auf seinem Platz sitzen zu bleiben. Wichtig ist hierfür eine solide Ausbildung, die möglichst breitbandige Einsatz- und Entwicklungsmöglichkeiten zuläßt und nicht nur auf ein Berufsfeld fixiert ist. Die Erstausbildung (Lehre oder Studium) sollte nicht bis zum Lebensende an einen Beruf festnageln. Als Folge der Globalisierung befinden wir uns in einer zunehmenden internationalen Verflechtung der Wirtschaft. Deshalb sind Fremdsprachenkenntnisse oder ein Praktikum im Ausland vorteilhaft. * Sonstige Nachteilsausgleiche (in der Regel) mit einem GdB von 70 und mehr, z. B. unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Personenverkehr, Rundfunk-, Fernseh- und Fernsprechgebührenbefreiung, können in Betracht kommen. Näheres zu Nachteilsausgleichen, die keine Vergünstigungen sind, können Sie z. B. dem Merkblatt „Übersicht über Nachteilsausgleiche der Schwerbehinderten" entnehmen, das z. B. beim Sozialamt zu haben ist. Auch Leistungen der beruflichen Rehabilitation junger Menschen sind möglich. Berufsbildungswerke und ähnliche Einrichtungen sind dazu bewährte Instrumente. * Die alleinige Feststellung der Schwerbehinderung nach dem SchwbG reicht nicht
zu einer Berufsoder Erwerbsunfähigkeitsrente. Die vorzeitige Altersrente ab 60. Lebensjahr ist möglich,
wenn eine Versicherungszeit von 35 Jahren nachgewiesen ist. * Ehrenamtliches Engagement als Schwerbehindertenvertreter, Betriebs- oder Personalrat ermöglicht nicht nur eine schnellere Durchsetzung von Schutzrechten Behinderter, sondern sorgt dafür, daß Sie in vielen sozialpolitischen Fragestellungen einen schnellen Zugang zu wichtigen Informationen haben und zusätzlichen Kündigungsschutz genießen. Nicht zuletzt vermag es auch das Selbstbewußtsein des Helfers zu stärken. * Abschließend eine Empfehlung: Vor der Antragstellung auf Anerkennung als Schwerbehinderter oder Gleichgestellter sollten Sie ein vertrauliches Gespräch mit einer sachkundigen Person suchen, um die Risiken und Chancen mit einem Außenstehenden durchzusprechen. Dazu sind geeignet: Sachbearbeiter des Arbeitsamtes oder der Hauptfürsorgestelle, Betriebs- bzw. Personalräte, Schwerbehindertenvertreter und - nicht zuletzt - der Deutsche Diabetiker-Bund. |
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Leo Malcherczyk AK Soziales im Deutschen Diabetiker-Bund e.V. |
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Herausgeber / Anschrift:
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© DDB Kurzinformationen vom Deutschen Diabetiker-Bund e.V. Der Druck dieses Merkblattes wurde von der DAK finanziell gefördert. |
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Weitere Informationen:
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